Brüche, Sprünge, Volatilitäten, Fehler, Widerstände gehören fest zum Alltag von Organisationen. Sie sind zwangsläufige Begleiterscheinungen von Komplexität und können praktisch nicht antizipiert werden: Die Fähigkeit, Veränderungen vorauszusehen, nimmt mit wachsender Komplexität und zunehmender Dynamik ab. Zudem mangelt es, insbesondere in effizienzorientierten Organisationen, oft an den notwendigen zeitlichen Ressourcen, um proaktiv nach subtilen Signalen zu suchen, die als Vorboten für bevorstehende Veränderungen oder Diskontinuitäten dienen könnten.
Nebenwirkungen von Überraschungen
Unerwünschte Überraschungen evozieren ihrerseits Reaktionen, Ärger, Stress, Angst auf der psychischen Ebene sowie Entscheidungsdruck auf der Organisationsebene. Weiter wächst in Stresssituationen die Versuchung zu überhasteten Aktionen. Folgenschwer wird es, wenn nun ungebremst – dem action bias folgend – zur Problemlösung neue, zusätzliche Prozesse in Gang gesetzt werden: Informationsmitteilungen, Meetings, Kontrollen, Kommissionen, (...), mit dem Risiko, noch mehr negative Konsequenzen hervorzurufen:
- Die bestehende Strategie wird vernachlässigt oder sogar konterkariert.
- Anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, wird versucht, alle Fronten gleichzeitig zu bedienen.
- Die gesteigerte Aktivität führt zu höherer Komplexität und zu (mehr) "Lärm" in der Organisation.
- Weitere unbeabsichtigte Nebeneffekte treten auf und binden zusätzliche Ressourcen.
- Im schlimmsten Fall verliert die Organisation ihre ursprünglichen Ziele aus den Augen.
Es entsteht ein Teufelskreis. Je länger dieser andauert, desto grösser wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt, die Unternehmenskultur oder im schlimmsten Fall das Unternehmen in eine Abwärtsspirale gerät. Im komplexen Netz der Dynamik und Vernetzungen haben kurzsichtige Interventionen unbeabsichtigte Folgen und Nebenwirkungen.
Überraschungen umsichtig einplanen
Komplexität ist eine Herausforderung, der sich alle Organisationen stellen müssen. Wer sie akzeptiert und achtsam mit der Thematik umgeht, erhöht im dynamischen Organisationsalltag die Wahrscheinlichkeit erfolgreich zu sein. Ziel ist es, unerwartete Ereignisse nicht als Hindernisse, sondern als Chancen zu betrachten und dabei den Fokus auf das Wesentliche und Zielführende zu bewahren.
Wir von bcp schulen Führungskräfte darin, Komplexität als Chance zu begreifen und adaptive Strategien zu entwickeln, um im dynamischen Umfeld erfolgreich zu sein. Zentrale Themen sind dabei sowohl die Umsetzung eines produktiven Selbst- und Zeitmanagements als auch die Entwicklung eines agilen Mindsets wie Gelassenheit, Robustheit, Flexibilität und die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen und sie als Normalzustand zu akzeptieren.
Erfolgreiche Manager und Führungskräfte entwickeln ein Gespür für Komplexität, für das, was ausserhalb der eigenen Wirkungsmacht liegt. Sie bereiten die Organisation vor auf das, was nur unzureichend antizipiert werden kann. Solch umsichtiges Handeln ermöglicht der Organisation ihre Aufgaben fokussiert weiterzuverfolgen und zu realisieren.
Dieser Beitrag ist der dritte Teil der Reihe zum Thema "Komplexität managen". Der Teil vier befasst sich mit der Illusion der reibungslosen Organisation.
Komplexität managen Teil 1 - Kerngedanken und Ausgangspunkte
Komplexität managen Teil 2 – Organisatorisches Rauschen
Autor: Michel Voisard