Die Effizienz bzw. Ineffizienz von Sitzungen ist ein triviales Thema – und dennoch von permanenter Aktualität. Gremien, die sich selten treffen, tun sich erstaunlicherweise besonders schwer damit, ihre Sitzungszeit effizient zu nutzen. Zwar einigt man sich rasch auf eine Prioritätenliste nach Wichtigkeit. Aber dann verrinnt unnötig viel Zeit bei angenehmen, aber nicht notwendigen Gesprächen über Themen, die zwar wichtig sind, über die man sich aber schon weitestgehend einig ist.
Als Beispiel dient der Vorstand eines landesweiten Fachverbands. Expertinnen und Experten treffen sich zwei- bis dreimal jährlich zu ganztägigen Sitzungen. Die Motivation der Vorstandsmitglieder ist hoch und die Traktandenliste lang. Die Präsidentin und die Ressortverantwortlichen haben alle Geschäfte sorgfältig vorbereitet und mit der Sitzungseinladung zweckmässige Unterlagen versandt. Die Tagesordnung enthielt in früheren Sitzungen auch ein Zeitbudget je Traktandum. Dennoch ist es damals kaum gelungen, alle wichtigen Traktanden zufriedenstellend zu besprechen. In der diesjährigen Sitzung wird das Zeitbudget in einem ersten Sitzungsteil anhand eines einfachen Schemas gemeinsam bestimmt (siehe Tool Fokus in Sitzungen). Jedes Traktandum wird an der Pinnwand nach den Kriterien wichtig–unwichtig und konsensual–kontrovers platziert.
Am besten ist die knappe Sitzungszeit dort investiert, wo es um wichtige und gleichzeitig kontroverse Fragen geht, d. h. oben rechts im Schema. Unterschiedliche Auffassungen können eine wertvolle Ausgangslage für gute Entscheidungen sein. Dafür braucht es aber genug Eindringtiefe in der Diskussion – und das heisst: genug Zeit. Die Vorstandsmitglieder bestimmen deshalb anhand des Schemas, in welcher Reihenfolge die Traktanden im oberen rechten Quadranten behandelt werden. Dafür ist der grösste Teil der Sitzung reserviert. Wichtige Themen, zu denen bereits Konsens herrscht, gehören hingegen in ein enges Zeitkorsett. Das fördert ein ziel- und entscheidungsorientiertes Gesprächsverhalten und erleichtert der Präsidentin das Eingreifen, wenn jemand dennoch zu lange in der Komfortzone der angenehmen Gespräche verweilt.
Unwichtiges schafft es bei der Sitzungsvorbereitung hoffentlich nicht auf die Traktandenliste. Besteht dazu auch noch Konsens, dann handelt es sich um ein perfektes Smalltalk-Thema für den Apéro nach der Vorstandssitzung (im Schema unten links). Unwichtige Kontroversen hingegen (unten rechts) verschwenden nicht nur Sitzungszeit, sondern sind überhaupt Zeitverschwendung.
Wie jede effizienzfördernde Methode ist auch dieses einfache Schema nicht umsonst zu haben: Der Vorstand hat zu Beginn seiner Tagung eine halbe Stunde in die Sortierung der Themen investiert. Und auch diesmal sind am Ende der Sitzung ein paar Themen unbehandelt im Themenspeicher geblieben. Aber die Vorstandsmitglieder waren sich einig, dass sich die Mühe gelohnt hat und sie den Tag optimal nutzen konnten.
Autor: Stephan Burla